Reitunterricht hätten mir meine Eltern nie bezahlt. Selbst als ich einen kleinen
Ponyhof (war auch Verleihhof) fand, bei dem ich mich um die Ponys kümmern durfte, fanden es meine Eltern nicht in Ordnung. Habe nie verstanden warum. Es kostete sie kein Geld und es war wirklich nicht sehr weit von zu Hause entfernt.
Da war oberstes Gebot, die Tiere (es gab da auch Hühner, Schafe usw) werden nicht geschlagen und wer regelmäßig sich kümmert, dem standen alle Türen offen.
Lustigerweise waren es die gleichen Regeln, die auf dem nächsten Hof waren.
So fing man mit Ausmisten und Abäppeln an. Nachts waren sie in eine Art Laufstall und tagsüber draußen auf der Koppel.
Wir, ich war damals mit einer Schulfreundin dort, sollten zum Anfang erklären, ob wir schon mal mit Pferden zutun hatten.
Jetzt haltet euch fest.. ich kam dann ganz stolz mit einem Foto als Kleinkind an, wie ich auf einem Pony saß. War im Tierpark so zum fotografieren. Saß natürlich zwischendurch auch schon mal drauf. Aber so richtig gelernt..nee.. Heute muss ich drüber lachen. War aber ehrlich und hab gesagt, was auch wirklich so war. Meine Freundin hatte ganz stolz ein Foto bei, wie sie eine Reitstunde nahm. Nun gut..wir waren wohl so überzeugend und durften an die Ponys..jipieehh. Wahrscheinlich war der alte Herr aber auch bloß froh, dass er nicht mehr alleine war.
Denn es kamen sonst keine Kinder und die die früher mal kamen, haben die Lust verloren, waren schon so im jugendlichen Alter.
Nun gut. Das Aufhalftern klappte und anbinden und putzen. Die Theorie sass dank Bücher und Pferdezeitungen so gut, dass die Umsetzung in der Praxis einfach war.
Bis auf das ein Shetty (ein Beißer, wurden aber vorgewarnt), waren es aber echt grottenbrave Ponys.
Irgendwann kam der Tag, wo man auch mal reiten mag.
Ich hab mir die liebste Stute rausgeangelt (da kam ich ohne Hilfe rauf), der 2 Stricke am Halfter gebastelt und bin ans andere Ende der Koppel gedackelt.
Raufgeschwungen und langsam Gas gegeben..der Herdentrieb siegte. Das wusste ich und musste nur gucken, dass ich nicht runterfalle oder sie los prescht. Ja, so hab ich das draufsitzen gelernt. Immer und immer wieder und dann auch im Trab und Galopp.
Helm hatte ich natürlich nicht.
Es gab ja kein Internet zum Lernen. Bücher mussten her, selber ausprobieren und einfach aufs Bauchgefühl hören.
Heute erwische ich mich manchmal, wie ich dummerweise mein Bauchgefühl nicht sprechen lasse. Dann hab ich irgendeine Lektion im Kopf und die muss ja klappen, der Zosse muss des doch können.
Dann bin ich peinlich berührt.. das bin ich nicht, ich gehe keinen geraden Weg. Meiner hat immer Kurven, diese Kurven sind die Harmonie für mich und Pony.
Natürlich gab es auch einige Pannen und Stürze.
Das ist nicht Pedro, sondern unsere Queenie, aber müsste vom Typ passen: Die haben's faustdick hinter den Ohren |
Mein
erster und glaub schlimmster Sturz war auf dem Hof mit Pedro.
Pedro,
war für mich damals groß. Optisch wie ein Dartmoorpony oder so.
Den
is keiner geritten: nieee, denn Pedro hat den Ruf gehabt, alles
runter zu buckeln.
Ich
bin mittlerweile natürlich schon öfters geritten, auch mit Sattel
und Trense. Besonders Prinz, meinen Liebling.
Für
uns Kinder waren die Ponys wie eine Familie. Die eine Stute war die
Oma, dann eine die Mama usw.
Verrückt.
In
den Ferien waren wir natürlich von früh bis spät da. Manchmal
beschäftigten wir uns auch einfach
untereinander, denn die
Ponys brauchten ja auch mal Ruhe vor uns. So haben wir das immer
gehandhabt.
In
der Mittagssonne lagen wir alle auf der Koppel. Ja.. wir Kinder bei
jedem seiner Lieblingspony (waren ja dann manchmal schon 4 oder 5
Kinder, die dann kamen) lagen im Sand und haben die Ruhe genossen.
Wir
haben uns einfach treiben lassen und dieses Ritual so oft wie möglich
genossen. Es klingt wie aus einem Buch, ein bisschen wie Märchen und
Zauber. Es fühlte sich auch so an. Es war aber real.
Wir
spielten oft Indianer und Cowboy. Dann trieben wir die restliche
Herde von A nach B oder jagten uns selber. Und wie es sich gehört,
natürlich ohne Sattel und nur mit Halfter und Strick..waren ja
Indianer..grins.
Ach
ja..Pedro. Tag X. Pedro durfte immer mitspielen..aber der war eher so
der wilde Hengst und Herdenanführer. Also der Gejagte von uns
Herdentreiber. Oh Mann.. Ich bekomm' grad einen Lachanfall beim
schreiben.
Nun
gut.. von dem alten Herrn waren Bekannte da. Er selber wurde immer
schwächer und erkrankte schlimm.
Ich
durfte sogar ein Wochenende mit 12 Jahren die Herrschaft über den
Hof haben, weil kein Erwachsener konnte.
Mann,
war ich stolz.
Der
eine Bekannte war früher Reitlehrer mit eigenen Hof usw. Wir bekamen
sogar mal eine Reitstunde und Theorie hat er uns sehr viel gelehrt.
Dann
kam er auf die glorreiche Idee, dass Pedro doch auch mal geritten
werden müsste. 3mal dürft ihr raten, wen er als Opferlamm
auserkoren hat. Gott sei Dank hatten wir mittlerweile Reithelme.
Gesattelt und getrenst stand er da, der Bursche. Einer hielt vorne
fest und ich dann raufgeschwungen. Und es passierte nichts..außer
dass er gemütlich im Schritt vorwärts dackelte. Puhhh... vom Boden
gab es dann Anweisungen und ich voll konzentriert oben drauf gehockt
und brav alle Anweisungen gefolgt.
Und
dann passierte es, eine Situation, die sich im Kopf verfestigt hat.
Auf der anderen Seite des Zauns, war der öffentliche Weg. Da war ein
Hund oder eine Katze, ich weiß es nicht. Pedro fixierte das fremde
Tier an.
Ich
wurd abgelenkt und schaute ebenfalls hin.
Und
eine Sekunde zu lang abgelenkt nutze Pedro das aus. Ich weiß nur
noch wie ich an seinen Ohren hing und
später aufm Boden lag. Ob
mir jemand noch Tipps zugerufen hat..ich weiß es nicht. Die kleine
Mistsau hat den Bronco raushängen lassen und eine Rodeoshow vom
Feinsten abgeliefert.
Auf
den Boden der Tatsachen angekommen, kamen natürlich gleich alle
besorgt auf mich zugelaufen. Ja, die Bandenprofis noch in
Miniformat.. und dann durfte ich mir Sachen an hören wie, boah..wie
beim echten Rodeo
und das sah voll
gefährlich aus usw.
Der
"Reitlehrer" war natürlich besorgt und kümmerte sich auch
gleich um mich..aber alles heil geblieben und so schwang er sich
selber auf Pedro. Der wusste wahrscheinlich schon was ihm blühte,
ihn hat er nicht abgeworfen.
Mein
Lieblingspony "sprach" den ganzen Tag nicht mit mir..der
war stinkig. Wie konnte ich einfach
ein anderes Pony reiten.
Der
hat echt sich weggedreht, wenn ich zu ihm wollte. Also so als Kind,
da nimmste dir das doch schon zu
Herzen, wenn dein
Allerliebling dich ignoriert.
Ja, man kann echt sagen, wir haben uns alle gegenseitig erzogen. Egal in welcher Hinsicht.
So
vergingen die Tage, wir hatten viel Spass und lernten immer mehr.
Waren ausreiten, lernten das longieren, das reiten verbesserte sich,
haben auch mal Sand essen dürfen. Es war unser zweites Zuhause.
Wir
bauten sogar für die Hühner ein neues Auslaufgehege, buddelten nach
Würmern, um sie zu verfüttern, dann waren da noch die Hasen, Schafe
und Ziegen. Ein richtig kleiner Bauernhof.
Nu
war der alte Herr, der den Hof mit seiner Frau führte nicht mehr so
gesund. Er kam immer seltener zum Hof. Die Erwachsenen, seine
Bekannten, kümmerten sich immer mehr um alles und erklärten uns
auch wie es stets um den Besitzer geht. Die Krankheit schritt voran,
es war Krebs. Er kam ins Krankenhaus. Die letzten Male, als er den
Hof besuchte, wusste er teilweise nicht mal mehr die Namen seiner
Pferde. Das machte uns traurig, denn es zeigte, wie schlecht es ihm
gehen musste.
Es
war ein schöner warmer Tag, wir hatten eine kleine Kindergruppe zu
Besuch und führten diese auf den Ponys entlang der Koppel.
Waren
doch alle so gut gelaunt. Es machte uns natürlich Riesenspaß, jedem
einzelnen die Fragen zu beantworten und von den Ponys zu erzählen.
Mich
rief der Bekannte in den Aufenthaltsraum. Nichts Ungewöhnliches, es
könnt ja eine neue Aufgabe geben.
Ich
wünschte es wäre dies gewesen. Er teilte mir mit, dass der
Besitzer so eben im Krankenhaus verstarb. Eine Welt brach zusammen.
Der alte Herr war immer sehr lieb zu uns und gab uns diesen schönen
Ort. Nun ist er weg, was passiert mit dem Hof. Trauer und viele
Fragen schossen durch den Kopf. Ich ging zurück zu meinen Freunden.
Mir muss das auf der Stirn gestanden haben, sie wussten sofort, es
ist was Schlimmes passiert. Ich berichtete was, ich soeben erfuhr.
Großes
Bedrücksein machte sich breit. Für viel Trauer war in diesem Moment
keine Zeit, wir hatten die Kinder ja noch auf dem Hof.
Als
die Zeit rum war und wir uns von ihnen verabschiedeten, löcherten
wir die Erwachsenen mit Fragen, wie es nun weiter geht und trösteten
uns. Der Schreck war groß, dass der alte Herr nun fort war.
Er
ging, aber er ging nicht ohne uns eine Überraschung da zulassen.
Teil 2 der Geschichte erscheint Weihnachten im Turnierblog und Teil 3 im politischen Blog (weil Weihnachten ist, muss es ja nicht sooo ernst sein ;)
Mehr Pferdegeschichten lest ihr in meinen Büchern - natürlich gibt es darin auch fachliche Tipps:
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