Sonntag, 16. April 2017

Ein Equitana-Besuch mit Parelli-Instruktor Berni Zambail

Bea Hohl, Berni Zambail und ich (v. links)
"Es ist immer sehr leicht zu urteilen", sagte Berni Zambail beim Mittagessen auf der Equitana. Er war der Hahn im Korb zwischen seiner Frau Christine, der 4my.horse-Geschäftsführerin Beatrice Hohl und mir. Wir drei hatten gerade zuvor über einen Zirkustrainer geredet und dass es hinter dem Vorhang gar nicht mehr alles so nett aussieht wie während der Show. Da ist nämlich nicht mehr alles so freiwillig, wie es sich unsere weiblichen Wendy-Herzen wünschen. Aber den Wendy-Zahn hatte uns Berni schnell gezogen, denn die große Frage ist, ob das überhaupt so sein muss, dass Pferde alles freiwillig und mit Riesenspaß machen, während wir Menschen von morgens bis abends Stress haben, um unsere Brötchen und das Heu für die Pferde zu verdienen.



Und hier mit seiner Frau Christine
 Kann es da wirklich legitim sein, dass ein Pferd sein Leben nur in Spaß verbringt? Berni hat mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und mich daran erinnert, dass die Welt eben nicht schwarz und weiß ist. Es geht immer darum, dass rechte Maß zu finden. Berni hat uns von Holzrückepferden erzählt und gesagt, dass Pferde mit Jobs nie so unzufrieden sind wie manche Pferde, denen man in den Stallgassen der handelsüblichen Reitställe begegnet - giftig mit angelegten Ohren aus der Box heraus lamentierend. Die Holzrückepferde würden viel zufriedener wirken, eben weil sie einen Job haben. Kommt es wirklich darauf an, ob dieser Job das Ziehen von Baumstämmen oder das Zeigen von Zirkuskunststücken ist? Und wie man sieht, ist das gar nicht immer so einfach mit dem Beibringen von Zirkustricks, da müssen auch wir manchmal am Ball bleiben wie hier mit unserer Fancy, die sich mit dem Kompliment etwas schwer tut:


Auch wenn wir jetzt die Kirche mal im Dorf lassen, wenn ein Zirkustrainer fordert, dass das Pferd sich hinlegt oder auch liegen bleibt, so ist das natürlich noch lange kein Freibrief für irgendwelche Grausamkeiten am Pferd und hier hat Berni eine Antwort, die einen in der tiefsten Seele berührt: "Es kommt nicht so sehr darauf an, was man tut, sondern mit welcher Herzenseinstellung man es tut." Denn beim Pferd ist es nicht anders als bei unserem menschlichen Nachwuchs: Manchmal können sie etwas nicht, aber manchmal wollen sie es auch nicht, z.B. das Zimmer aufräumen, in die Schule gehen oder die Hausarbeiten erledigen. Und mal Hand aufs Herz: WOLLEN wir alle tagtäglich zur Arbeit gehen? Wir wünschen uns doch morgens oft, wir könnten uns noch einmal umdrehen und liegenbleiben. Aber wie unzufrieden wären wir wohl mit unserem Leben, wenn wir das wirklich Tag für Tag tun würden? Und genau das ist der Grund, warum wir unserem menschlichen Nachwuchs nicht erlauben von der Schule fernzubleiben und auch beim Pferd gelegentlich Dinge durchzusetzen, obwohl es gerade keine Lust dazu hat. "Es kommt darauf an, ob wir das, was wir tun FÜRS Pferd tun oder GEGEN das Pferd", brachte Berni die Sache auf den Punkt. Das war mein Stichwort und jetzt fragte ich Berni Löcher in den Bauch. Unsere Paintstute Fancy zeigt ja sehr schwankende Leistungen auf Turnieren, die zwischen ersten und letztem Platz die volle Bandbreite zeigt. Manchmal ist sie absolut tiefenentspannt und dann regt sie sich ganz furchtbar auf und so ließ die Frage nicht lange auf sich warten, die jeder Pferdetrainer schon Hunderte Mal in seinem Leben gehört hat: "Was mache ich, wenn mein Pferd dieses oder jenes tut?" Bernis Antwort hätte zufriedenstellender nicht sein können, denn er hat weder einen Trick noch einen Kniff empfohlen, sondern vielmehr, dass man sein Pferd fragen soll. Wie Pferd fragen? Das sagt da nichts zu, sondern rennt mal wie vom wilden Affen gebissen und mal geht es auf dem Turnier, als hätte es nie etwas Anderes getan. Aber Berni beharrte darauf, dass es eine Ursache gibt und die kann ganz klein sein, z.B. dass ein wildfremder Mann neben dem Pferd gestanden haben könnte, der innerlich aggressiv war und das unsere Fancy aufgeregt hat. Berni hat mir empfohlen, eine Art Tagebuch zu führen: Wie war das Verladen am Morgen? Wie waren die Tage vor dem Turnier? War sie ausgelastet? Was macht es besser? Was macht es schlechter? Ich hatte mal kurz eingeworfen, dass es vielleicht einfach kein Turnierpferd ist und man ihr einen Gefallen tun würde, wenn man sie zuhause lässt und Bernis Antwort ("Das habe ich nicht gesagt") zeigt, warum ich das Parelli-System so sehr liebe, denn es urteilt nicht. Es ist ein Grundlagensystem mit dem man, wenn man dieses einmal absolviert hat, mit seinem Pferd alles machen kann, was das Herz begehrt: Von der hohen Schule übers Ausreiten bis zur Reining, aber eben immer mit und niemals gegen das Pferd.
Im Laufe des Gespräches konnte ich mir die Antwort schon fast selbst geben: Fancy scheint es dringend zu benötigen, dass der Turnierreiter am Boden mit ihr spielt und das regelmäßig, denn immer dann, wenn man damit geschlampt hat, gerieten die Turnierritte zur Katastrophe; aber glauben, glauben konnte ich nicht an diesen Zusammenhang so gar nicht: "Kann doch nicht sein", habe ich schon so oft gedacht wenn es ums Parelli ging und wurde oft genug eines Besseren belehrt. Berni hat da mehr Erfahrung und auch mehr Vertrauen und sagte, dass dies selbstverständlich die Ursache sein kann. Den ersten Start der Saison wird Fancy mit Larissa haben und die hat für die Osterferien mit Fancy spielen "verordnet" bekommen. Wir berichten im Turnierblog.
Wie komme ich eigentlich dazu, mit den Zambails auf der Equitana zu essen? Sie haben mich netterweise zur Abendshow eingeladen, weil sie erstens schrieben, dass sie meine Arbeit bewundern (was gibt es da zu bewundern? Danke, ich bin knallrot) und ich zweitens seiner Frau in einer Facebook-Nachricht angeboten habe, Berni Zambails Buch Korrektur zu lesen. Das würde ich auch ohne Einladung Korrektur lesen, denn ich werde bestimmt immens viel lernen dabei. Immerhin ist Berni einer von zehn Fünf-Sterne-Parelli-Instruktoren weltweit - einer der Besten der Besten eben.
Der Beste ist aber Pat Parelli selbst: Als wir gemeinsam die Abendshow geschaut haben, wirkte es fast wie ein kleines Wunder, wie Pat innerhalb kürzester Zeit die Probleme löste, die zwei Pferde mit ihren Menschen hatten. Das erste Pferd riss sich los und Pat schulte die Besitzerin in der so genannten Power-Position, damit sie es besser halten kann. Denn beim Wer-bewegt-Wen geht es nicht zwingend darum ein Pferd zu bewegen - manchmal bedeutet das Wer-bewegt-Wen auch dafür zu sorgen, dass ein Pferd stehen bleibt.
Aber diese Wer-bewegt-Wenn-Frage ist auch immer nur ein Teil des großen Ganzen. Pat sagt immer, man müsse das ganze Rätsel lösen und daher ließ er die Besitzerin mit ihrem Pferd spielen: Über Sprünge hüpfen und Bälle schubsen; das macht Pferden Spaß. Nur zehn Minuten nachdem das Pferd sich noch losreißen wollte, ließ Pat die Besitzerin das Halfter abnehmen und das Pferd folgte ihr wie ein Hund - ganz ohne Seil. Beim zweiten Pferd ging es um Probleme beim Reiten und wo löst man die? Genau am Boden natürlich, indem man die Beziehung zum Pferd verbessert. Beim Reiten hatte Pat einen ähnlich wirkungsvollen "Kniff" wie die Power-Position am Boden: Nicht am Zügel ziehen, sondern drücken. Die Reiterin sollte die Hände eng halten und wenn sie durchparieren wollte nach vorne drücken und es hat funktioniert: Das spannige Pferd lief auf einmal ganz locker. Woher wusste Pat in so kurzer Zeit was helfen würde?

(Mehr Videos von der Abendshow in dieser PLAYLIST)

Ich habe Berni nach der Show gefragt, ob er das auch so schnell hinbekommen würde wie Pat und er sagte, dass er das nicht wisse: "Das ist eben Pat." Aber Pat hat ja auch mal gesagt, wenn er das Problem in einer Stunde lösen könnte, dann würden wir mit seinem Programm dasselbe in einem Monat schaffen und meine Prognose für Berni ist: Er braucht dafür höchstens einen Tag, denn dass er die Fähigkeit hat, den Pferden sozusagen in die Seele zu schauen, hat er ja beim Mittagessen bereits bewiesen und kurz vorm Abendessen hat er noch etwas bewiesen. Nämlich, dass sein Herz an der richtigen Stelle sitzt, denn da hat er seine Christine auf die Tanzfläche entführt. Das fand ich so süß, dass ich mir heimlich eine Träne der Rührung aus den Augen wischen musste. Als Berni nach der Abendshow Richtung Pat marschierte, bin ich dann auch an der Schlange der "Autogrammjäger" mit ihm vorbei geschossen und habe mir ein Foto gesichert: Pat, Berni und ich - diese Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ich muss mich nur noch entscheiden, ob ich das Bild für meine 12oaks-ranch-Facebook-Gruppe als Titelbild nehme oder für die 12-Oaks-Like-Seite ...
Über Eines muss ich allerings nicht mehr nachdenken. Denn das steht fest: Mein nächster Parelli-Kurs wird bei Berni Zambail sein.
Unter dem Video lest ihr noch eine kleine Anekdote über den Moderator, den wir abends nach der Show nämlich auch noch kurz getroffen haben und da musste ich ihm gleich mal auf die Nase binden, dass ich mich über seine Sprüche köstlich amüsiert hatte.


Der Moderator war nämlich wirklich ein Witzbold und ich habe mich mehrfach kringelig gelacht. In der Show hat Pat ihn aufgefordert, auch einmal über einen Sprung zu springen, was er glatt gemacht hat und fragt dann auch noch auf Englisch, ob er das im Links- oder Rechtsgalopp machen soll. Auch am Nachmittag beim Cutting musste ich an mich halten, dass ich nicht schallend gelacht habe, denn da hat er den Zuschauern die Regeln des Cutting erklärt, während eine Kuh laut muhte und dann sagt er zu der Kuh, sie soll leise sein: "Ich erzähle das auch für Dich." Köstlich. Apropos Cutting .. da ist Pat natürlich auch mitgeritten:


Noch ein Bericht über die Equitana mit Berni Zambail im Interview findet ihr hier:


Werft noch schnell einen Blick in meine Bücher und hinterlasst einen Kommentar. Danke.


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