Donnerstag, 7. Juli 2022

Jakobsweg: Larissa pilgert 2 x fünf Minuten in Südfrankreich und ich zum Kölner Dom

In Seignosse - nahe Biarritz

Aus Versehen auf dem Jakobsweg


Vor zwei Jahren haben wir das Radpilgern für uns entdeckt bzw. erstmal geschaut, ob Teilstrecken fürs Fahrrad fahren geeignet sind und dabei hat mich meine Tochter Larissa begleitet. Vor einigen Wochen hat sie Urlaub in Südfrankreich gemacht, um das Surfen zu lernen. Auf dem Weg zum Surfboard-Verleiher hat sie dieses Schild entdeckt, was auf den Jakobsweg hinweist und es mir direkt per WhatsApp geschickt. Für mich ein Anlass einen Artikel aus meinem verstaubten Archiv zu holen, den ich einmal für die Dorfzeitung Dorfgeflüster geschrieben habe. Ihr findet ihn unterhalb des Videos von Larissas Surfurlaub.

Es ist nicht nur schön so ein Scheeler zu sein, wie es immer besungen wird: Es ist auch etwas Besonderes, denn nicht jeder Ort Deutschlands hat einen eigenen Pilgerstein. Die Gemeinde Lindlar leistet sich gleich drei an der Zahl, denn die Heidenstraße, die fast identisch mit dem Pilgerweg zum Kölner Dom ist, verläuft mitten durch den Ortskern. Alternativ kann man den Lindlarer Ortskern auch aussparen und wandert ohne diesen Abstecher von Scheel über Hohkeppel auf dem Jakobsweg. Dem Ursprung nach pilgert man zu Fuß bis ins spanische Santiago de Compostela an der Westküste, wo die sterblichen Überreste des Apostels Jakobus aufbewahrt werden, aber heutzutage geht es auch anders, denn das Radpilgern wurde erfunden. 

Auf der Heidenstraße geradelt

Pilgerstein in Scheel - das Dorf, in dem ich wohne
Genau das habe ich ausprobiert und bin an einem Nachmittag bis nach Köln geradelt, denn auch dafür ist diese Strecke hervorragend geeignet. Das verwundert nicht, denn die Heidenstraße war ja damals auch dafür gedacht, dass Heere auf dem kürzesten Weg auf ihr wandern und so geht es oben auf dem Kamm selten bergauf oder bergab. Nur auf dem Weg zum Immekeppeler Dom kann man zwar erst rollen lassen, muss aber dann wieder hinauf zum Bensberger Schloss strampeln. Danach geht es ein ganzes Stück durch den Königsforst bis Köln-Brück und dann mitten durch Kalk über die Deutzer Brücke zum Dom.  Leider finde ich die Fotos nicht mehr wieder, werde zumindest die aus Lindlar neu fotografieren, sobald es nicht mehr regnet. Bis dahin ein - leider sehr unscharfes - Video:

Auch wenn eingefleischte Pilgerer darauf schwören zu Fuß zu gehen, denn genau dieses gleichmäßige Wandern mache das Pilgern aus, ist mein Plan demnächst erst einmal das Pilgern zu Pferde auszuprobieren, wo es zumindest in Spanien Stationen gibt, wo man wie beim Ponyexpress Leihpferde borgen kann und auch auf dem eigenen Pferd hat dies solange schon Tradition wie das Pilgern zu Fuß, aber das muss gut vorbereitet sein (Hier nachzulesen: https://jakobsweg-pilgern-spanien.de/pilgern-jakobsweg-pferd-esel) und ich fange mal klein an und bleibe in heimischen Landen: Ab Köln gibt es nicht mehr ganz so viele Wege durch Deutschland – auf der Karte, die ich mir extra zugelegt habe, waren nur drei Richtung Frankreich verzeichnet. 

Obwohl die Heidenstraße in beide Richtungen begangen werden kann, so gilt dies nicht für den Pilgerweg. Hier gibt es nur eine Richtung von Leipzig nach Köln bzw. dann über Frankreich nach Galicien in Spanien. Wenn man dies beherzigt, ist der Weg leicht zu finden, wenn der Wanderer den gelben Jakobsmuscheln auf blauen Grund folgt. Übrigens zeigt immer die Spitze der Muschel in die richtige Richtung, außer auf dem Stück ab Bensberg, da hat man Pfeile zur Hilfe genommen, die teilweise dann doch in beide Richtungen zeigen. Trotz dieses Stilbruchs ist die Heidenstraße eine Radtour wert, bis auf ein kurzes Stück im Wald oberhalb der Lindlarer Ortsmitte: Dafür braucht man entweder ein Mountainbike oder muss ein paar Hundert Meter schieben. Und wer weder das Eine noch das andere möchte, der bedient sich am Besten des Schusters Rappen und geht die 58 km von Marienheide bis Köln zu Fuß, denn das ist für die Selbstfindung und das Entschleunigen altbewährt. Das beschreibt auch Miriam Rubens im Buch „Wandern und Pilgern auf der Heidestraße Teil 3“ von Annemarie und Herbert Schmoranzer u.a. im Kapitel 'Pilgergedanken': „Ich denke, viele kennen den Wunsch, einfach mal wegzulaufen, alles hinter sich zu lassen, frei zu sein.

Als Pilger tun wir genau das: Wir lassen unseren Alltag hinter uns, die Sorgen und die Sicherheiten, und gehen einfach – weiter, immer weiter. Aber es ist kein Weglaufen, denn wir gehen langsam. Die Gedanken gehen mit, aber sie verändern sich, ordnen sich. Wir vertrauen unsere Grübeleien der Straße an, bis sie sich beruhigen und irgendwann einfach nur im Rhythmus der Schritte mitschwingen, kommen und gehen.

Lindlarer Steinbrüche hatten ihre Finger im Spiel

Wollt ihr wissen, wo die Lindlarer Pilgersteine herkommen? Dann begleitet uns auf dem Steinhauerpfad:

Und das wurde natürlich auch in meinem Dorfgeflüster-Artikel erwähnt:

Weil das Golddorf Scheel mit einer Bronzeplatte glänzen wollte, durfte auch der Stein nicht fehlen. Anlässlich der Neuerscheinung des 3. Bandes des Buches „Wandern und Pilgern auf der Heidenstraße“ mit dem Untertitel „von Marienheide nach Köln“ hat der Bürgerverein die Werbetrommel gerührt, 1.000 Euro Einnahmen aus der Pik-As-Bude auf dem Dorffest gespendet und Sponsoren gesucht. Die Firma Quirrenbach hat einen Findling zur Verfügung gestellt und die Hermann Haeck Stiftung die Bronzeplatte, die die einzelnen Stationen von Leipzig nach Köln darstellt und einen kurzen Infotext enthält. Der Stein wurde dann inoffiziell 2014 im kleinen Rahmen eingeweiht und offiziell 2016 gemeinsam mit den Steinen in Hohkeppel und der katholischen Kirche in Lindlar.

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